Die Erstbesteigung - auf den Spuren von Sven Hedin

 

Der große schwedische Abenteurer und Naturforscher Sven Hedin durchzog auf mehreren Expeditionen Zentralasien, löste das Rätsel des „wandernden Sees“, versuchte als Mongole verkleidet Lhasa zu erreichen und überquerte achtmal das bis dahin unbekannte und von ihm erst so benannte Massiv des Transhimalaya. Vor allem als Wissenschafter profilierte sich Hedin. Akribisch führte er Tagebuch und notierte alle Beobachtungen seiner Reisen. Als Ergebnis lieferte er umfangreiches Kartenmaterial der durchwanderten Gebiete und publizierte seine Berichte in Buchform. Durch Asiens Wüsten war zur damaligen Zeit ein Bestseller und zählt auch heute noch zu den Klassikern der Abenteuerliteratur.

Bei seiner ersten Expedition nach Asien im Jahre 1894 versuchte sich Sven Hedin auch am Mustagh-Ata. Mit vier Versuchen erreichte Hedin immerhin eine Höhe von etwa 6300 Metern – aus heutiger Sicht mit eher chancenloser Vorgangsweise: Er ritt mit Yaks so hoch als möglich, um „Kraft für den Gipfel zu sparen“ Mit dem Wissen um die Notwendigkeit der aktiven Höhenakklimatisierung eine fast chancenlose alpinistische Taktik. Ansonsten ist über die frühe Besteigungsgeschichte des Mustagh-Ata nur wenig bekannt.

 

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Berichtet wird lediglich von einem weiteren frühen Versuch der Engländer Shipton und Tillman im Jahre 1947, der bei etwa 7000 Metern endete. Schließlich gelang dann einem Russen namens Abalakow im Rahmen einer russisch-chinesischen Expedition am 31. Juli 1956 die allererste Besteigung. Neben Abalakow standen an diesem Tag gleich 30 weitere Personen auf dem Gipfel des Mustagh-Ata.

In der Folge wurde es vorerst ruhig um den Vater der Eisberge. Weniger seine technischen Schwierigkeiten sondern die vorsichtige chinesische Einreisepolitik und hohe Gebühren machten Besteigungsversuche nahezu unmöglich. Alpinisten berichten von dreifachen Besteigungskosten in den 1980er Jahren im Vergleich zum heutigen Stand. Geplante Gipfelstürme wurden aus Kostengründen in den Wind geschrieben, noch bevor die bekannt eisigen Stürme an der Mustagh-Westflanke den Bergsteigern den Aufstieg erschweren konnten. Expeditionsvorhaben verliefen im Sand der chinesischen Administration noch bevor jener der Takla Makan Wüste erreicht war.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass die erste Skibesteigung erst 1980 gelang, und dass es bis 1982 dauerte, ehe mit dem Salzburger „Veteranen“ Marcus Schmuck der erste Österreicher auf dem Mustagh-Gipfel stand. Zuvor war Schmuck bereits 1957 durch seine Erstbesteigung des 8.047 Meter hohen Broad Peak im Karakorum zu einem Aushängeschild der österreichischen Extrembergsteigerszene geworden. Sein Gipfelerlebnis am Mustagh 1982 gilt offiziell als die insgesamt fünfte Mustagh-Besteigung! Man bedenke, zu einem Zeitpunkt an dem etwa der Mount-Everest bereits Tausende mehr oder weniger erfolgreiche Versuche über sich ergehen hatte lassen (müssen).

Erst mit der langsamen Öffnung Chinas gegenüber dem westlichen Ausland in den 1990er Jahren und der damit verbundenen Lockerung der Einreisebestimmungen ist der Mustagh-Ata nach und nach wieder ins Bewusstsein der europäischen Alpinisten gerückt. Technisch leicht ist er heute ein beliebtes Ziel für kommerzielle wie private Expedition. Expeditionsteilnehmer berichten, dass das Basislager zur besten Besteigungszeit zwischen Juni bis September manchmal einem kleinen Dorf gleicht. Die Anzahl der Bergsteiger nimmt aber mit zunehmender Höhe entlang der Aufstiegsroute stetig ab.